Ratingen braucht Konstanz und Weitblick


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Der Unternehmensverband Ratingen e.V. (UVR) nimmt zum Haushaltsplanentwurf für die Jahr 2022 und 2023 der Stadt Ratingen wie folgt Stellung:

Nachdem die Stadt Ratingen für die Jahre 2020 und 2021 Einzelhaushalte für jeweils ein Jahr aufgestellt hatte, kehrt sie nun dazu zurück, für 2022 und 2023 einen Doppelhaushalt aufzustellen. Der Unternehmensverband Ratingen e.V. (UVR) begrüßt dies, da dieses Vorgehen auch zur Einsparung von Kapazitäten in Verwaltung und Politik führt.

Die Corona-Pandemie hat dem städtischen Haushalt in den Jahren 2020 und 2021 nicht unerheblich zugesetzt. Dennoch kann man feststellen, dass die guten Einnahmen in den Jahren zuvor für ein solides Fundament gesorgt haben. Außerdem haben Steuerkompensationszahlungen von rund 40 Millionen Euro im Jahr 2020 vieles aufgefangen, und im Jahr 2021 sind die Gewerbesteuervorauszahlungen wieder gestiegen.

Ab dem Jahr 2022 ist jedoch mit echten Ergebnisfehlbeträgen zu rechnen. Mit einem Fehlbetrag von mehr als 17 Millionen Euro wird im Jahr 2022 gerechnet, im Folgejahr wird von einem negativen Ergebnis in Höhe von gut 14 Millionen Euro ausgegangen. Erst langsam wird sich die Entwicklung dann verbessern, bis 2026 wieder ein ausgeglichenes Ergebnis erwartet wird.

Dadurch, dass Ratingen in den Jahren vor der Pandemie sehr gut gewirtschaftet und regelmäßig Überschüsse erwirtschaftet hat, müssen die bis 2026 erwarteten Ergebnisse die Stadt nicht beunruhigen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass diese Zahlen auf durchaus optimistischen Erwartungen bei den Gewerbesteuereinnahmen basieren. Wie der Kämmerer Martin Gentzsch in seiner Haushaltsrede ausführte, bedarf es auf Dauer Gewerbesteuereinnahmen von rund 140 Millionen Euro jährlich, um einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. Das ist nicht selbstverständlich.

Falls sich die Geschäfte der Unternehmen nicht so positiv wie erwartet entwickeln oder sich die Pandemie länger hinzieht als bisher absehbar, kann sich die Einnahmesituation schnell wandeln. Gerade die sich soeben mit hoher Geschwindigkeit verbreitende Omikron-Variante zeigt, wie instabil die Lage in Bezug auf die Corona-Pandemie ist und wie schnell sich dadurch auch die wirtschaftliche Lage der Unternehmen negativ ändern kann.

Hinzu kommt, dass auf der Ausgabenseite mit zunehmenden Belastungen zu rechnen ist. Das betrifft vor allem die Kreisumlage, die erheblich ansteigen wird. Dies liegt zum einen an den höheren Ratinger Einnahmen, vor allem aber auch daran, dass die Stadt Monheim „schwächelt“. Die Stadt hatte in den letzten Jahren dank ihrer extrem hohen Gewerbesteuereinnahmen einen sehr großen Anteil an der Kreisumlage zu schultern. Da in Monheim jedoch die Steuereinnahmen erheblich zurückgegangen sind, steigt der Anteil der anderen neun Kreisstädte. Für Ratingen bedeutet dies eine Mehrbelastung von fast 8 Millionen Euro im Jahr 2022 und nochmals zusätzlich 4 Millionen Euro im Folgejahr; 2023 wird der Ratinger Anteil der Kreisumlage also um fast 12 Millionen Euro gestiegen sein.

Der Gesamtbedarf des Kreises Mettmann im Jahr 2023 soll um rund 23 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr steigen. Nach Ansicht des UVR sind daher auch auf Kreisebene kritische Überlegungen anzustellen, welche Ausgaben unabdingbar und in welchen Bereichen Einsparungen möglich sind, um die kreisangehörigen Städte zu entlasten.

Der UVR begrüßt es auf dem Hintergrund all dieser Veränderungen sehr, dass in Ratingen sowohl der Gewerbesteuer- als auch der Grundsteuerhebesatz in den beiden kommenden Jahren unverändert beibehalten werden sollen. Die Stadt setzt damit auf Kontinuität; die Unternehmen werden dies zu schätzen wissen.

Insgesamt hält der UVR das von der Verwaltung vorgelegte Zahlenwerk für ausgewogen. Wir warnen angesichts der teilweise bereits in den Medien verbreiteten zusätzlichen Wünsche von Seiten der lokalen Politik aber davor, die Haushaltsausgaben zu erhöhen, ohne langfristige Vorteile für den Standort Ratingen zu generieren.

Ausgaben sollten immer daraufhin untersucht werden, ob sie zusätzlichen Nutzen für möglichst alle Bürger*innen und Unternehmen in der Stadt bringen. Dazu gehören zum Beispiel Ausgaben für die Auslagerung und Verbesserung der IT; dies halten wir für sinnvoll, denn die Digitalisierung von Dienstleistungen der Verwaltung bringt nicht nur für Unternehmen und Bürger Vorteile, sondern schafft auch freie Personalkapazitäten, die an anderer Stelle besser genutzt werden können.

Für essentiell hält der UVR auch, dass sich die Stadt neben der Digitalisierung der Verwaltung weiterhin auf die Themen Klimaschutz und Klimafolgenanpassung konzentriert. Hier ist bereits viel begonnen worden, zum Beispiel die Umstellung des städtischen Fuhrparks auf klimaneutrale Fahrzeuge. Dazu wird aber auch die Sanierung von Schulen und öffentlichen Gebäuden gehören, beides wird eine finanzielle Herausforderung werden. Dennoch sind diese Schritte alternativlos, will Ratingen nicht den Anschluss verlieren.

In diesem Zusammenhang vertreten wir die Ansicht, dass der Bau einer neuen Stadthalle zwar nicht die allerhöchste Priorität hat. Allerdings halten wir es auf dem Hintergrund der Dauer solcher Planungen und des Alters der bisherigen Stadthalle für sinnvoll, das Thema mit dem nächsten Haushaltsplan ab 2024 „aufs Gleis zu schieben“. Es sollte nicht passieren, dass Ratingen viele Jahre ohne eine geeignete Halle auskommen muss, falls sich künftig Substanzprobleme bei der jetzigen Stadthalle herausstellen sollten.

So sehr die Themen Klimaschutz und Klimafolgenanpassung für die Stadt wichtig sind, so skeptisch ist die Wirtschaft jedoch hinsichtlich einer – von Teilen der Politik geforderten – Aufstockung des Förderprogramms Solarenergie. Das Budget des Programms war im Jahr 2021 innerhalb von wenigen Tagen vergeben. Zum allergrößten Teil dürften dies aber – wie bei den meisten Subventionen – Mitnahmeeffekte gewesen sein. Da die Kosten für Photovoltaik sich in den vergangenen Jahren erheblich verringert haben, rechnet sich die Investition bereits seit längerem ohne Zuschüsse – weshalb es auf Bundesebene auch keine Förderprogramme mehr gibt. Für sinnvoll halten wir hingegen eine Verstärkung der Aufklärung unter Bürgern, Hauseigentümern und Unternehmen über die umweltpolitischen und finanziellen Vorteile der Photovoltaik.

Seit Jahren fordert der UVR, aus Einpendlern nach Ratingen Einwohner von Ratingen zu machen. Dazu bedarf es zusätzlicher Anstrengungen bei der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum, die mit Hilfe von Wohnungsbaugesellschaften und einer Stadtentwicklungsgesellschaft umgesetzt werden sollten. Daneben geht es auch darum, Leerstände im Gewerbebereich zu verhindern und attraktive moderne Gewerbeflächen zu entwickeln, sowohl aus dem Bestand heraus als auch durch Neuentwicklung von Planflächen. Die damit verbundenen Kosten für die Stadt sind gut angelegt, weil sie sich in Form von künftigen Einnahmen bei der Gewerbe- und auch den Anteilen aus der Einkommensteuer rentieren.

Zusammenfassend kommt es nach unserer Ansicht vor allem darauf an, künftige freiwillige Ausgaben zu überprüfen, ob sie auch Investitionen in die Zukunft der Stadt sind – nur dann sollten sie getätigt werden. Das bedeutet, dass durch die Beratungen in den politischen Gremien keine neuen zusätzlichen Ausgaben ohne Mehrwert für die Stadt generiert werden dürfen.

Olaf Tünkers, Vorsitzender
Dr. Axel Mauersberger, Geschäftsführer